Spiele haben mich mein Leben lang begleitet – ein Gespräch mit dem Künstler Jakub Różalski

Er ist der Schöpfer des fantastischen 1920+-Universums, in dem Iron Harvest angesiedelt ist, und fasziniert mit seinen Bildern und Illustrationen ein internationales Publikum. Wir wollten herausfinden, was Jakub Różalski dazu inspiriert hat, künstlerisch tätig zu werden, und was seine Lieblingsspiele sind!
GOG.COM: Wann hast du entschieden, mit der Kunst dein Geld zu verdienen? War das eine plötzliche Eingebung oder hattest du es schon länger geplant?
Jakub Różalski: Nein, es gab keinen Augenblick der Erleuchtung, es ist einfach irgendwie passiert. Ich glaube auch, dass es passieren MUSSTE, weil es das Einzige ist, was ich mir vorstellen kann. Ich habe schon immer wahnsinnig gerne gemalt, gezeichnet und fantastische Geschichten erfunden. Ich lese sehr viel und ich bin ein großer Cineast. Ich habe mich einfach schon immer in Fantasiewelten wohler gefühlt als in der Realität des Alltags.
Das Malen war schon immer meine größte Leidenschaft. Eine Möglichkeit, mich auszudrücken, mit der Welt zu kommunizieren und dem normalen Leben zu entfliehen, in dem ich mich nicht wohlgefühlt habe. Ich glaube, Fantasy ist für viele Menschen nicht einfach nur eine Leidenschaft, sondern eine Möglichkeit, mit dem Alltag klarzukommen.
Ich hatte das große Glück, dass sich für mich daraus ein Job ergeben hat und sich daraus wiederum in den letzten Jahren sogar eine Karriere entwickelt hat. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem, was mir am meisten Spaß macht. Eine bessere Definition von Erfolg dürfte schwer zu finden sein! Seit 2015 arbeite ich nur noch an meinen eigenen Projekten und Projekten unter der Lizenz der alternativen Welt 1920+, deren Autor ich bin.
Auch die produktivsten Künstler*innen leiden mal unter einer kreativen Blockade. Was machst du in so einem Fall, um deine Kreativität wieder in Gang zu bringen?
Absolut, ja. Die letzten paar Jahren waren für mich sehr intensiv. Ich habe viel gearbeitet und die Sonne und sogar meine wunderschöne Frau nur selten gesehen! :) Die meiste Zeit habe ich in meiner „Höhle“ verbracht, wo ich gemalt oder geschrieben habe. Jetzt fange ich langsam an, den Verschleiß zu spüren. In solchen Zeiten ist ein Ortswechsel das Beste, wenn der denn möglich ist. Man setzt sein Gehirn zurück, ändert die Umgebung, sieht etwas Neues. Und wenn man nur mal schnell den Kopf auslüften will, dann gibt es nichts Besseres, als einen ganzen Tag in den Bergen oder im Wald wandern zu gehen. Ich gehe sowieso sehr gerne wandern und spazieren, am liebsten alleine. Das hilft mir, meine Gedanken zu sammeln und zur Ruhe zu kommen, einfach alles zu ordnen.
Wo machst du lieber Urlaub, in einer Stadt oder in der Natur?
Ich wohne mitten in der Natur, hoch oben in den Bergen, fernab von jeder Zivilisation. Alsu und ich verbringen unseren Urlaub also meistens in zivilisierteren Gegenden, um nicht vollkommen zu verwildern, und um ein wenig Kultur zu genießen. :) Ich bin Sternzeichen Fischen, deswegen kann ich mich am besten am Meer entspannen. Das Meer besänftigt und beruhigt mich einfach.
In den Bildern aus deiner 1920+-Reihe sieht man hochmoderne Technologien in einem historischen Umfeld. Wie bist du auf die Idee gekommen, diese beiden widersprüchlichen Elemente zu kombinieren?
Eigentlich ist das gar keine moderne Technologie. Viele Leute haben das so interpretiert, aber in meiner Konzeption sollen die wandelnden Maschinen der Welt von 1920+ eigentlich keine futuristischen Maschinen darstellen. Eigentlich ähneln sie den ersten Panzern aus dem Ersten Weltkrieg. Sie sind ziemlich schwerfällig, klobig und unzuverlässig und lösen Erstaunen und Entsetzen in den Menschen aus, die die Existenz dieser Maschinen in ihrem Leben, in ihrer Realität und auf dem Schlachtfeld noch nicht gewohnt sind.
Der Erste Weltkrieg und die ersten Panzer waren bei der Arbeit an dem Konzept der Mechs im 1920+-Universum sogar meine Hauptinspiration. Ich habe mir vorgestellt, wie die Menschen damals sich gefühlt haben müssen, als sie das erste Mal so riesige Maschinen auf dem Schlachtfeld gesehen haben, das bis dahin hauptsächlich von der Kavallerie und von Blankwaffen beherrscht worden war. Das muss ein surreales Erlebnis gewesen sein! Und das hat mich immer inspiriert und fasziniert.
Geschichte war schon immer meine große Leidenschaft und meine größte Inspiration (neben der Natur und alten Traditionen und Überzeugungen). Ich liebe es, auf der Geschichte aufzubauen, sie auf meine eigene Weise zu verarbeiten und auf Basis des Bekannten etwas Neues zu erschaffen. Die Gegenwart und die Zukunft dagegen erscheinen mir ziemlich langweilig und inspirieren mich nicht im Geringsten. Ich bin mit den Büchern von Sienkiewicz aufgewachsen, mit der polnischen Fernsehserie „Czterej Pancerni i pies“ (Vier Panzersoldaten und ein Hund) und mit dem Film „Jak Rozpętałem Drugą Wojnę Światową“ (Wie ich den Zweiten Weltkrieg entfesselte). Und all das spiegelt sich in meiner Arbeit wider, in der alternativen Welt von 1920+ und ihren Helden.
Das Spiel Iron Harvest von King Art Games basiert zu weiten Teilen auf deiner Kreativität. Wie sah die Zusammenarbeit mit den Entwicklern aus?
Iron Harvest basiert nicht auf meinen Bildern, aber ist in meiner 1920+-Welt angesiedelt und wurde unter der 1920+-Lizenz erschaffen. Die Bilder, Konzepte und Illustrationen sind natürlich das primäre Fundament für die Art Direction und die visuelle Darstellung des Spiels. Aber auch die zentralen Helden stammen aus meiner Feder und ich bin Autor der grundlegenden Geschichte der Welt, die man in der Story-Kampagne von Iron Harvest erleben und erkunden kann.
Wie genau so eine Kooperation aussieht, ist schwer zu sagen. Ich glaube, so etwas kommt einfach sehr selten vor, außer bei berühmten Autoren oder Filmlizenzen. Die Helden in Iron Harvest stammen von mir, die visuelle Basis, die Mech-Projekte und der Hauptstrang der Story. Aber es wurden auch viele neue Charaktere hinzugefügt und die ganze Historie der Welt wurde vertieft und um viele neue Erzählstränge bereichert.
Ich bin sehr glücklich mit dieser Kooperation und mit dem Endergebnis. Nach der Grundlagenarbeit, also der Vorgabe der künstlerischen Richtung und der Historie, bestand meine Rolle hauptsächlich darin, bei verschiedenen Aspekten der Produktion beratend und unterstützend mitzuwirken.
Bist du Gamer? Falls ja, welche Titel und Genres spielst du gerne? Und warum?
Ich bin seit Mitte der 1980er-Jahre Gamer, seit den ersten Arcade-Spielen, dem Atari-Computer und dem Commodore 64. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, in denen man sich Spiele per Kassettenrekorder von einem Freund kopiert hat. Das Laden des Spiels hat eine Stunde gedauert und unser Held bestand aus ein paar wenigen Pixeln, wir waren also auf unsere Vorstellungskraft angewiesen. Ein Spiel zu spielen war früher ganz ähnlich wie ein Buch zu lesen, weil sich ein Großteil im Kopf abgespielt hat. Wenn man dagegen eines der heutigen Spiele spielt, ist das eher, als würde man einen guten Film sehen.
Spiele waren schon immer ein Teil meines Lebens, und ich kann mir gar kein Leben ohne sie vorstellen. Mir gefällt der Gedanke, dass ich die Geburt dieses Mediums miterlebt habe und ich den ganzen Weg von den ersten, sehr simplen Spielen bis zu den gewaltigen, komplexen, hyperrealistischen Produktionen der heutigen Zeit mitgegangen bin. Ich habe von Anfang an praktisch nur zwei Genres gespielt, Strategie- und Rollenspiele, und manchmal noch Egoshooter. Ich liebe Strategiespiele, weil sie eine tolle Stimulation für das Gehirn darstellen, und die Welten und Geschichten in diesen Spielen haben mich schon immer fasziniert. Ich bin mit Titeln wie DUNE 2, Heroes of Might & Magic III, Starcraft und Warcraft aufgewachsen.
Und was Rollenspiele angeht: Ich habe ja vorhin schon über die Möglichkeit geredet, sich in Fantasiewelten zu flüchten, da erübrigt sich wohl jeder weitere Kommentar. :) Nichts bietet einem eine bessere Gelegenheit, unvergessliche Abenteuer zu erleben, als ein Rollenspiel!
Was ist das für ein Gefühl, dass die von dir gemalten Bilder zu Werken werden, die in aller Welt gesehen und interpretiert werden?
Ich kann es eigentlich immer noch nicht glauben. Und ich versuche auch, nicht zu sehr darüber nachzudenken, sonst wird mir ganz schwindlig. Ich konzentriere mich auf die Arbeit, auf neue Ideen, auf neue Welten und neue Geschichten. Ich bin unheimlich froh und dankbar für die Unterstützung meiner Fans im Lauf der Jahre. Ohne sie wäre ich nicht hier und hätte nie Iron Harvest oder Scythe spielen können. Ein Künstler, der nicht veröffentlicht wird, existiert ja quasi gar nicht!
Du hast zum Launch von „Iron Harvest“ auf GOG.COM eine spezielle Grafik für alle Gamer vorbereitet. Was hat dich dazu inspiriert, eine berühmte historische Gestalt in den Mittelpunkt zu stellen – Wojtek den Bären?
Wojtek, oder besser gesagt seine alternative Version, ist einer der zentralen Helden meiner 1920+-Welt, und er ist vermutlich ihre berühmteste und beliebteste Figur. Wojtek ist der mutige und treue Gefährte von Anna, einer der Hauptfiguren dieser Geschichte, deren Schicksal wir in der Einzelspielerkampagne von Iron Harvest begleiten.
Es war also naheliegend, diese beiden Helden in der Promo-Illustration zu zeigen. Ich habe Wojtek in meine alternative Welt von 1920+ integriert, um dieser außergewöhnlichen Geschichte Tribut zu zollen und sie einem neuen Publikum näherzubringen, das vielleicht noch nie von Anders‘ Armee oder Unteroffizier Wojtek gehört hat. Ich bin sehr stolz, dass das geklappt hat. Viele Menschen haben durch meine Arbeit begonnen, sich für das Schicksal Wojteks und der polnischen Armee im Zweiten Weltkrieg zu interessieren.
Ihr könnt es nicht erwarten, die von Jakub Różalski erschaffene Welt von 1920+ zu erleben? Dann spielt noch heute Iron Harvest! Das Spiel ist DRM-frei auf GOG.COM erhältlich. Und wenn ihr es kauft, erhaltet ihr auch das digitale Kunstwerk, das der Schöpfer speziell für Gamer erschaffen hat.