Da könnte man jetzt lang und breit diskutieren und die Sache von den verschiedensten Blickwinklen beleuchten, um dann festzustellen, dass das Ganze nicht so einfach und schwarz-weiß ist wie es auf den ersten Blick aussieht. Nur mal ein paar Punkte um den Bericht zu relativeren: Die Schiffsbaubranche hat in Deutschland schwer zu kämpfen, denn sehr viel ist in die asiatischen Werften abgewandert. Die blühenden Landschaften gerade dieser Branche sehe ich nicht so wie der Autor, außerdem ist sie starken Konjunkturellen und Auftragsschwankungen unterzogen. Letzteres macht Leiharbeit für die Firmen besonders attraktiv, da sie viel flexibler hinsichtlich des Personals reagieren können als mit fester Belegschaft. Muss man da nun den Gewerkschaften den Schwarzen Peter zuschieben, sie hätte Festanstellungen derart unattraktiv gemacht, dass Leiharbeit solchen Aufschwung erlebt. Wäre wohl etwas unfair, aber ein wahrer Kern steckt dennoch in dieser provokativen Aussage. Für ein Unternehmen hat Leiharbeit zudem nicht nur Vorteile, denn Fachwissen wandert ständig wieder ab, un Know-How ist in vielen Bereichen das Herzstück deutscher Unternehmen. Die vielen Jobangebote als Kriterium für das Florieren der Branche zu nehmen ist ebenso fragwürdig. Wenn Firmen händeringend Mitarbeiter suchen, dann stellen sie sie auch fest ein. Bei einem leergefegten Arbeitsmarkt schmeißen sich Arbeitgeber durchaus ins Zeug qualifizierte Kräfte zu binden. Nichtsdestotrotz muss man sich schon Fragen inwieweit man das fair begründen kann, dass Mitarbeiter höhere Risiken tragen müssen und dennoch weniger verdienen als festangestellte Kollegen. Zumindest bei Selbständigen besteht die Chance verhältnismäßig mehr zu verdienen, dafür tragen sie auch ein deutlich höheres Risiko als ihre festangestellen Pendants. Leiharbeiter scheinen hier das schlechte aus beiden Welten zu vereinen und da muss man sich schon am Kopf kratzen. Übrigens gibt es auch Leiharbeit auf besser bezahltem Niveau, nur spricht man dann von Personalvermittlung und die verdienen teilweise besser als festangestellte Personen, etwa im IT oder Ingenieurbereich. Im Prinzip ist das aber genau das Gleiche. Offensichtlich gibt es also nicht nur "schlechte" Leiharbeit sondern auch ganz annehmbare. Ich finde schon, dass das mit in eine solche Diskussion gehört. Auf der anderen Seite erwischt es auf der Verliererseite mal wieder diejenigen, die ohnehin nicht die Welt verdienen. Die Frage ist nur ob manche von diesen ohne Leiharbeit überhaupt noch einen Job hätten? Ohne Flexibilität bei den Mitarbeitern wäre vermutlich noch die eine oder andere Werft mehr in die Insolvenzwelle der letzten Jahre geschlittert. Lange Rede kurzer Sinn, das Ganze ist wie immer nicht so einfach.
Übrigens ist die Grafik am Ende des Artikels auf rt.com ("Mehr Teilzeit, Minijobs und Leiharbeit im Westen") diesbezüglich sehr aussageschwach. Über die Hintergründe sagt die nämlich gar nichts aus: Sind z.B. Pendants zu den Mini-Jobbern und Teilzeitbeschäftigen des Westens eventuell im Osten arbeitslos? Gibt es im Westen vielleicht deutlich mehr Großbetriebe, die überhaupt Leiharbeit einsetzen? Ist der Verdienst im Westen vielleicht besser, sodass sich viele zu Gunsten der Freizeit auf Teilzeit beschränken oder sind das gar Horden von Studenten die sich etwas hinzuverdienen oder oder oder..)